Die Dorfchronik von Velber
Der folgende Artikel fasst die Velber-Chronik zusammen, die vom Förderkreis "Schöneres Velber e.V." erstellt worden ist und weiter gepflegt wird.
Erste Ansiedlungen
Die ältesten Zeugnisse einer Menschenansiedlung in der näheren Umgebung Velbers stammen aus der Jungsteinzeit, ca. 5.000 - 4.000 v. Chr. Jene Phase war davon geprägt, dass Menschen zunehmend seßhaft wurden, feste Behausungen bauten und sich dem Ackerbau sowie der Haltung von Nutztieren widmeten.
In der gegen 1.900 v. Chr. beginnenden Bronzezeit haben Menschen in unmittelbarer Nähe des heutigen Dorfes gelebt und ihre charakteristischen Hügelgrabstätten errichtet. Südwestlich von Velber, ein Stück abseits der von-Lenthe-Allee, sind bis heute zwei flache Grabhügel erhalten.
Urkundliche Erwähnungen
Offiziell tritt ein Dorf erst mit einer urkundlichen Erwähnung in das Licht der Geschichte. Man bedenke dabei, dass mit Erstellung einer solchen Urkunde die betreffende Siedlung bereits existiert und somit das Datum der Urkunde nichts über das Alter der Siedlung aussagt.
- Die älteste, uns bekannte Urkunde stammt aus dem Jahre 1167. Velber wird dabei aber nur nebensächlich erwähnt.
- Von Grund und Boden Velbers ist erst in einer Urkunde aus dem Jahr 1257 die Rede.
Denn ein gewisser Helmold von Velber, zu jener Zeit Geistlicher in der Bischofsstadt Osnabrück, übertrug dem Kloster Marienwerder seine in Velber befindliche Curie, einem größeren Hof samt Ländereien (man könnte von einer Art Gut sprechen).
Bau der Kapelle
Man nimmt an, dass zu jener Zeit die kleine velbersche Kapelle im gotischen Backsteinbau bereits existierte. Sie wurde 1841 gründlich umgestaltet. Gut erhalten ist bis heute ein Flügelaltar (1610 gestiftet vom damaligen Inhaber des Rittergutes Velber, Martin von Holle, s.u.), der im geschlossenen Zustand die Verkündigung und im offenen Zustand eine Kreuzigungsszene sowie die vier Evangelisten zeigt.
Die Ära "von Holle"
Die von Holles übernahmen 1540 das Gut, dass sich im nord-östlichen Winkel der von-Lenthe-Allee und der heutigen Gartenstraße befand. Martin von Holle (1560-1611) war der einzige Gutsherr, der hier sein ganzes Leben lang wohnte. Als Martin von Holle 1611 ohne direkte Nachkommen starb, endete eine nur zwei Generationen währende Phase, da die Gutsinhaber hier ansässig waren und die Bewirtschaftung des Hofes selber lenkten.
Die Ära "von Lenthe"
1733 kauften die benachbarten Herren von Lenthe das kleine velbersche Gut. Bald danach ließen sie offenbar den Damm für die heutige Pappelallee nach Lenthe durch das sumpfige Velberholz aufschütten. Doch wie schon andere seit dem Tod Martin von Holles wechselnde Eigentümer hatten auch sie die Gutswirtschaft die meiste Zeit verpachtet. Erst nach dem 2. Weltkrieg machte sich hier eine junge Familie von Lenthe aus Schwarmstedt ansässig. Doch schon 1969 wurde das Gut aufgelöst und die Gutsgebäude abgerissen.
Die Dorfschule
1796/97 wurde ein Schulhaus errichtet, das nur über eine bescheidene Schulstube verfügte. Erweiterungen werden erst 1865 und 1892 errichtet.
Auch die velbersche Schule fiel der niedersächsischen Schulreform der 1960er Jahre zum Opfer und wurde nach über 300 Jahren 1963 geschlossen. Das Haupthaus befand sich bis 1983 dort, wo heute das evangelische Gemeindezentrum steht (Kapellenbrink, Ecke Hasselfeldstraße).
Die Einwohner
Die älteste Einwohnerzahl finden wir in einer Kopfsteuerliste von 1689 - damals wurden ganze 84 Personen registriert.
Bis 1821 war die Zahl auf 136 gestiegen, 1855 sogar auf 184. Diese lebten auf 16 Hofstellen in insgesamt 24 Wohnhäusern. In der sog. Urliste sind auch Berufe und Erwerbstätigkeiten ablesbar: über 60 Prozent der Erwerbspersonen lassen sich der Land- und Forstwirtschaft und der bäuerlichen Hauswirtschaft zuordnen, aber schon 14 Personen werden als ,Arbeitsmann' (Arbeiter) bezeichnet.
1873 zählte die Klassensteuerliste 219 Personen in Velber. Neben dem noch zahlreichen landwirtschaftlichen Gesinde und vielen Tagelöhnern, sind darin folgende Erwerbstätigkeiten verzeichnet:
* ein Maurer
* ein Schneider
* zehn Schuhmacher bzw. Schustergesellen verzeichnet
* ein Lehrer
* ein Gastwirt (zugleich Imker)
* eine Näherin
* eine Arbeiterin
* ein Aufseher in der nahen Ahlemer Asphaltgrube.
1939 lebten 350 Menschen in Velber. In unmittelbaren Jahren nach dem 2. Weltkrieg ließ der Zustrom von Flüchtlingen und Vertriebenen die Einwohnerzahl bis auf weit über 900 ansteigen.
In dieser Zeit eraben sich gewaltige Umbrüche in der Erwerbstätigkeit: schon 1950 arbeiteten nur noch ca. 13 Prozent der Erwerbspersonen in der Landwirtschaft, rund 55 Prozent in Industrie und Handwerk.
In den 1950er Jahren sank die Zahl allmählich wieder und in den frühen 1960ern pendelte sie sich um 630 ein. Dann begann ein gesteuertes Wachstum durch die Ausweisung von Bauland und 1970 wurde schon die Tausendermarke überschritten. 1976 lebten rund 1.500 Menschen in Velber, der Ort wuchs langsam weiter, bis Ende der 1990er Jahre erstmals die Marke von 2.000 Einwohnern überschritten wurde.
Aktuell leben rund 2.100 Einwohner in Velber.
Folgen der Industralisierung
Die Industrialisierung in Linden und Hannover hat in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch in Velber deutliche Spuren hinterlassen. So hielt der velbersche Lehrer Böker hält in einem Tagebuch (,Journal') um die Zeit des 1. Weltkriegs fest, dass Velber nur noch äußerlich den Eindruck eines von der Landwirtschaft lebenden Dorfes erwecke. Tatsächlich aber würden sehr viele Einwohner in der Industrie arbeiten. "Die nahegelegenen Fabriken, Excelsior [Gummiwerke in Limmer, später Conti], Asphaltgruben, Salinen und Maschinenfabriken in Linden, bieten günstige Arbeitsgelegenheit."
Die velberschen Bauern litten, so Böker weiter, unter Arbeitskräftemangel und seien auf Saisonarbeiter aus Russland, Polen und Galizien angewiesen. Und dies, obwohl Velber seit der Mitte des 19. Jahrhunderts rund 200 Einwohner hinzugewonnen hatte; die Bevölkerung war von 150 auf ca. 350 (zur Zeit von Bökers Niederschrift) gewachsen.
Die Industrialisierung hatte aber auch Vorteile: so wurden 1911 Teile der öffentlichen Straßenbeleuchtung auf Gasbetrieb umgestellt, ab 1924 wurde das Dorf mit elektrischem Strom versorgt.
Die Feuerwehr
Ledereimer, Brunnenwasser, lange Haken und Leitern. Viel mehr stand im 18. Jahrhundert nicht zur "Brandbekämpfung" zur Verfügung. Zwar schaffte das Amt Blumenau 1772 eine Feuerspritze für die 21 Blumenauer Dörfer an, zu denen auch Velber gehörte, doch sie stand in Luthe und mag allenfalls den Luthern im Brandfall etwas genützt haben.
Ende des 19. Jahrhunderts wurden viele Gemeinden aktiv und nutzten die neuen technischen Möglichkeiten, welche die industrielle Fertigung mit sich brachte. Eine Feuerspritze wurde nun auch für eine kleine Gemeinde erschwinglich. 1902 wurde eine solche von der Gemeinde Velber angeschafft, fahrbar mit Pferdevorspann. Verantwortliche zur Bedienung wurden gewählt, ein Spritzenhaus gebaut.
1912 wird eine Freiwillige Feuerwehr gegründet worden, die mit Unterstützung der Gemeinde den Brandschutz in die Hand nahm.
Weiterführende Informationen über die Ortsfeuerwehr findet sich auf deren Homepage (Link) unterhalb der Rubrik 'Chronik'.
Der Maler Adolf Wissel
Adolf Wissel, ein Bauernsohn aus dem Vollmeierhof Nr. 2, ist sicherlich der prominenteste Sproß Velbers. Er studierte Anfang der 1920er Jahre in Kassel und kehrte 1924 nach Velber zurück, wo er auch die Motive fand, die ihn in der Folgezeit bekannt machten: Bauernfamilien und bäuerlich-ländliche Sujets, die er in einem der neuen Sachlichkeit verwandten Stil gestaltete. Daneben malte er Auftragsportraits, z.B. 1941 von dem hannoverschen Oberbürgermeister Arthur Menge. 1939 baute er sich ein Atelierhaus gegenüber dem elterlichen Hof (Schmiedestraße).
In der Nazizeit sahen die neuen Machthaber in ihm den "Blut- und Boden-Maler", der noch dazu als Bauernsohn der "heimatlichen Scholle" eng verbunden war. Wissel-Bilder wurden mehrfach in der ,Großen Deutschen Kunstausstellung' in München ausgestellt und von Nazigrößen gekauft; schließlich erhielt Wissel auch noch eine Ehrenprofessur. Es gibt Grund zu der Vermutung, dass der großen Anerkennung von Wissels Werk durch die Nazis ein Missverständnis zugrundelag - welches freilich der hochgeehrte und erfolgreiche Künstler nicht aufklärte. (Literatur: Ingeborg Bloth, Adolf Wissel - Malerei und Kunstpolitik im Nationalsozialismus, Berlin 1994)
Ortswappen
Das offizielle Ortswappen gestaltete der Grafiker Alfred Brecht.
In Rot auf einem mit silbernem Radkreuz belegten grünen Berge ein Brunnen unter vierseitig abgestütztem Strohdach mit darunter schwebendem Eimer, alles in Silber. [Wappenbuch des Landkreises Hannover 1985]
Der überdachte Ziehbrunnen steht als Symbol für eine ergiebige Quelle in dem in günstiger Hanglage angelegten Dorf, die bis weit ins 20. Jahrhundert von großer Wichtigkeit für die Bewohner war. Dass der Brunnen ausgerechnet auf der Kuppe eines Hügels steht, hat wohl gestalterische Gründe.
Der "grüne Berg" kann aber als Bild für die Hanglage über der Fösseniederung gelten (das Velberholz ist bis heute stellenweise Sumpfwald).
Das darunter abgebildete Radkreuz soll einer Darstellung in der velberschen Kapelle nachgebildet sein, die anscheinend nach dem 2. Weltkrieg bei einer Renovierung überdeckt wurde.
Zugehörigkeiten
Velber ist heute ein Ortsteil von Seelze, Region Hannover, Land Niedersachsen, Bundesrepublik Deutschland. Seit den Anfängen im Mittelalter hat sich viel verändert, vor allem ab dem 19. Jahrhundert.
- ca. 1500 : aus dem 'Go Seelze' entsteht das Amt Blumenau
- 1885 : Zuordnung zum neu gebildeten Landkreis Linden
- 1932 : der Landkreis Linden geht in den Landkreis Hannover auf
- 1974 : Velber geht als selbständige Gemeinde in der Großgemeinde Seelze auf
- 1977 : die Großgemeinde wird zur Stadt Seelze erhoben
- 2001 : Landkreis und Stadt Hannover bilden die Region Hannover
Aufgrund verschiedener Indizien entscheiden sie sich für den Ansatz "Vel-ber".
Das Grundwort "ber" ginge demnach auf einen altsächsischen Ausdruck mit der Bedeutung Wald oder Hain zurück (entsprechend dem altenglischen bearo), das in ostfälischen Ortsnamen noch öfter auftaucht.
Das Beiwort "Vel-" führen die Autoren zurück auf das althochdeutsche felwa = Weiden- oder Sumpfbaum (Weiden sind charakteristisch für grundfeuchte Standorte), im Süddeutschen als ,Felber' bis heute gebräuchlich.
Im Zusammenzug ergäbe sich also etwa die Bedeutung Sumpfwald oder "bei einem sumpfigen Wald" - was angesichts des nahen Velberholzes mit dem Quellgebiet der Fösse nicht unpassend erscheint.
Quelle per 22.01.2018 : https://seelze.de/seelze/wissenswert/stadtgeschichte/geschichte-der-stadtteile/velber/